Von Geduld, Generationen und Galaxia…

… erzählt uns Graveurmeister Andreas Roth, der sein fantasievolles Objekt “Galaxia” als aktuelles “Objekt des Monats” im Oktober im Deutschen Edelsteinmuseum in Idar-Oberstein ausstellt.

Wir treffen Andreas im 1. Stockwerk des Edelsteinmuseums vor der Vitrine, in der jeden Monat ein neues beeindruckendes Kunstwerk heimischer oder internationaler Edelsteinkunst ausgestellt wird.

Die “Galaxia” fällt sofort ins Auge und man kann die Augen dann auch so schnell nicht mehr von ihr wenden, bevor man sie nicht in all ihren Dimensionen und Facetten erforscht hat. Die harmonische Kombination der Formen, das fein geformte Gesicht, das faszinierende Zusammenspiel der unterschiedlichen Materialien… all das erzählt Geschichten und regt die Fantasie der Betrachter an.

Uns hat natürlich interressiert, was der Künstler zu seinem Objekt sagt, was er darin sieht, wie es entstanden ist, welche Geschichte hinter dem Kunstwerk steht.

Am Anfang war da eine Achatscheibe, die jahrelang in einer Schublade im Lager von Andreas Werkstatt in Idar-Oberstein lag. “Ich konnte sie einfach noch nicht gebrauchen, aber das ist normal,” sagt der Künstler, “in manchen Fällen sehe ich Steine, die mir gefallen, bei denen ich spüre, da “passiert was”, in anderen habe ich eine Vorstellung und suche gezielt nach einem Stein, der dazu passt - das kann manchmal Jahre dauern. Hier war zuerst der Stein, der einen Riss hatte und erst als die Scheibe brach, kam die Vorstellung, was daraus werden könnte.”

Die Bruchkante zeigte bereits die jetzige “Gesichtsform”, man musste kaum etwas wegschleifen und Andreas Künstler-Fantasie sah nicht nur das Gesicht, sondern auch die nicht unübliche Darstellung der Mondsichel als Gesicht im Profil darin. Nach und nach kamen in dieser Assoziation mit dem Weltraum, der Galaxie, dann der Planet Uranus - als blauer Lapislazuli - und ein schimmernder Opal, der die Venus symbolisiert, dazu. Und auf der rechten Seite zieht außerdem der Halley’sche Komet seine Bahn.

Moment… Wieso der Halley’sche Komet? Die Erklärung ist simpel: Andreas hatte als 13-Jähriger den Kometen tatsächlich am Himmel gesehen, erinnerte dieses Erlebnis, das ihn sehr beeindruckt hatte und bezog es mit in die Erstellung des Objektes ein.

Nun fehlte nur noch ein spannendes Gegenüber, ein Pendant, das einen harmonischen und zugleich spannenden Kontrast zur Achat-Mondsichel herstellt. Bei einem Besuch beim Steinhändler fiel ihm, noch bevor die Arbeiten an der Achatscheibe abgeschlossen waren, ein Amethyst ins Auge, der perfekt passte. Die Befestigung war dann mit die schwierigste Arbeit am ganzen Objekt, denn der Abstand oben wie unten beträgt exakt 2 mm - da kommt wieder der Perfektionist raus ;) So waren die Bohrungen im Amethyst eine ganz besondere Herausforderung - kleinste Abweichungen würden genügen und das Ganze wäre nicht mehr stimmig. Anhand eines Gipsmodells konnte Andreas die Einstellungen für die Bohrungen üben, bevor er ans Objekt ging und so wurde es so perfekt, wie es nun zu bewundern ist.


Und wer ist eigentlich Andreas Roth - ein Mann, dessen Objekte auf der ganzen Welt ausgestellt werden und große Beachtung finden?

Er ist vor allem ein sehr geerdeter Mensch, bei dem die Familie eine große Rolle spielt. Auf seinen Weg brachte ihn schon als Kind die Faszination am Beruf seines Vaters - Dieter Roth war ebenfalls ein bekannter Graveur - und Andreas’ Wunsch war es schon immer, auch Graveur zu werden. So kam es, dass er mit gerade mal 16 Jahren die Schule abbrach und eine Lehre als Edelsteingraveur beginnen wollte. Sein Vater war völlig ok damit, dessen Wunsch, dass sein Sohn die Lehre in einer anderen Werkstatt absolviert, erfüllte sich jedoch nicht und Andreas ging bei seinem Vater in die Ausbildung.
Fun Fact am Rande: Aktuell hat sich der Lauf der Geschichte wiederholt, denn Andreas’ Tochter hat ebenfalls mit 16 Jahren der schulischen Ausbildung den Rücken gekehrt, um ihren Traum, Edelsteinschleiferin zu werden, zu realisieren.

Das Vater-Sohn-Verhältnis in der Zusammenarbeit war gut, wenngleich Dieter Roth von seinem Sohn strenge Disziplin forderte, einen starken Ordnungssinn bei ihm geprägt hat und bis heute das Thema Musik bei der Arbeit bei Andreas ein absolutes No-Go ist - im Gegensatz zu vielen BerufskollegInnen und auch seiner Tochter -, weil Vater Roth dies absolut nicht duldete.
”Ich bin bei meiner Arbeit sowieso so vertieft im Gravieren, dass ich Musik nicht wahrnehmen würde”, sagt er.

Als Andreas seinen eigenen, “moderneren” Weg einschlug, gab es häufiger Diskussionen zwischen den beiden Generationen, als dieser immer öfter von antiken, biblischen Motiven weg zu aktuellen ging, bei denen Andreas sich durchsetzen musste.


Ein paar Fragen geben noch einen tieferen Einblick in den Graveur und Menschen Andreas Roth:

Auf was kannst Du bei Deiner Arbeit auf keinen Fall verzichten?
Geduld, eine ruhige Hand, Talent im Zeichnen, Proportionen einschätzen können… das ist aus meiner Sicht unverzichtbar.

Was spielt bei Deiner Arbeit eine größere Rolle - der Bauch oder der Kopf?
Prinzipiell beides - bei der Bearbeitung selbst deutlich mehr das Bauchgefühl, während zu Beginn eher der Kopf die größere Rolle spielt.

Und was brauchst Du unbedingt in Deiner Werkstatt?
Natürlich die
Graveurspindel. Und es darf mich nichts ablenken in meiner Konzentration… also brauche ich absolute Ruhe. Und Sauberkeit ist mir wichtig - andere Menschen, die meine Werkstatt sehen, sind immer erstaunt, wie sauber und aufgeräumt es da ist - wie schon gesagt, ein Erbe meines Vaters… und meine Tochter hat es von mir übernommen!

Was bedeutet Idar-Oberstein für Dich?
Als Hauptstadt der Edelsteine ist in Idar-Oberstein alles zu bekommen, was ich für meine Arbeit berauche, egal ob die Steine oder Werkzeuge, es ist alles direkt vor der Haustür zu finden.
Außerdem liebe ich die Sehenswürdigkeiten der Stadt - besonders das Deutsche Edelsteinmuseum, das die Vielfalt der Edelsteine dieser Welt besonders schön präsentiert - und die sehenswerte Natur um sie herum.

Es ist ja Deine Heimat - was verbindest Du mit dem Begriff?
In erster Linie Familie - meine Wurzeln sind hier.

Welches Wort beschreibt das was Du machst am besten?
Einzigartig - es sind Unikate, die in meiner Werkstatt entstehen, die es nirgends ein zweites Mal gibt. Es ist ein gutes Gefühl, ein ganz besonderer Reiz, etwas zu gravieren, was es vorher noch nie gab oder neue Formen, neue Kompositionen zu erschaffen. Deshalb graviere ich auch sehr gerne Achatschalen - sie sind immer anders in ihrer Form. Auch für meinen Vater hatte dies einen ganz besonderen Reiz.

Diese Schale, die ebenfalls im Deutschen Edelsteinmuseum ausgestellt ist, hat Dieter Roth graviert.

Und was ist Dein Lieblings-Edelstein?
Das ist der Rutilquarz - der Stern im Stein hat für mich den absoluten WOW-Effekt. Ich würde sehr gerne einen geeigneten bearbeiten, aber ein passender ist schwer zu bekommen.


Wer mehr von Andreas sehen und die “Galaxia” bewundern möchte, kommt bis 31.10.25 noch ins Deutsche Edelsteinmuseum in Idar-Oberstein.

Auf der EchtEdel Seite der Tourist Information EdelSteinLand ist Andreas ebenfalls vertreten und ein paar seiner kleineren Objekte sind im EchtEdel Schmuck Shop online erhältlich.

Und bei einer individuellen ManufakTour kannst Du Andreas auch persönlich kennenlernen und Dich nicht nur von der Sauberkeit in seiner Werkstatt, sondern auch von der Faszination dieses Kunsthandwerks überzeugen!

Schau mal rein und lass Dich vom Zauber der Graveurskunst begeistern!

Zurück
Zurück

Ein “blaues Wunder” im Deutschen Edelsteinmuseum

Weiter
Weiter

Sensweiler Mühle - ausgezeichnet Campen mit viel Charme & Liebe zur Natur