Hooked - Chris Dobranski, der 71. Grund, Kanada zu lieben
“Ich hab mich extra schick gemackt für dich…” - so begrüßt mich der Künstler, dessen absolute Leidenschaft das Gravieren von Edelsteinen ist und dessen Objekt “Hooked” als aktuelles Objekt des Monats im Deutschen Edelsteinmuseum ausgestellt ist.
Christopher Dobranski ist ein Naturbursche, nach eigener Aussage “ein bißchen verrückt”, er liebt seine kanadische Heimat und vor allem seine Arbeit, in die er enorm viel Liebe und Zeit investiert, bis wirklich alles daran für ihn passt und genau das zum Ausdruck bringt, was er darin sieht und was der Stein ihm “sagt”.
Wir stehen vor seinem Marlin in der exklusiven “Objekt des Monats”-Vitrine im 1. Stock des Museums. Das facettenreiche, ausdrucksstarke Stück, graviert aus kanadischem Nephrit mit Augen aus 999 Gold zieht den Betrachter in seinen Bann. Der Haken ist aus Bronze gefertigt und alles ruht auf einem tiefschwarzen, sibirischen Obsidian.
Und wir plaudern… über den Marlin vor uns, aber auch über Dinge, die Chris wichtig sind, die ihn begleiten, bewegen und über seine spanndende Geschichte, die ihn von Vancouver Island nach Idar-Oberstein führte.
Der Marlin ist Chris’ erste große Arbeit, die er, zusammen mit anderen Künstlern, in Idar-Oberstein vollendet hat. Er arbeitete bereits in Kanada daran, nahm damit am “World Jade Symposium” 2015 teil, aber es fehlte ihm etwas an dem Objekt, es war nicht vollkommen. Er kam nach Idar-Oberstein und mit Hilfe von Jürgen Christmann und Volkmar Juchem stellte er den Obsidian-Sockel her und dieses gemeinsame Arbeiten mit den “Meistern” hatte eine große Wichtigkeit für Chris und bedeutenden Einfluss auf seine weitere Arbeit.
Der Haken, der dem Objekt seinen Namen gibt, hat ebenfalls zwei besondere Bedeutungen: Einmal ist Chris Angler und der Marlin ein begehrter Fisch in Anglerkreisen, den jeder gerne fangen möchte. Außerdem ist das Material Nephrit in Neuseeland sehr beliebt und daher ist der Haken in Anlehnung an die Maori Formen und Zeichen gestaltet.
Seine Geschichte als leidenschaftlicher und sehr talentierter Graveur begann 2011, als er mit dem Objekt “The Dreamspeaker” überraschend das “World Jade Symposium” gewinnt. Warum überraschend? Naja, er war zu diesem Zeitpunkt eigentlich als Holzschnitzer unterwegs, fertige Holzskulpturen an, die stark von der Northwest Coast Art beeinflusst waren, denn er lebte eine Zeitlang mit den Haida - einem indigenen Volksstamm an der Nordwestküste Kanadas - und übernahm in seinen Arbeiten viel vom Leben, den Mythen, der Tradition, den Formen und Farben dieser Ureinwohner. Dann kam er eher zufällig zum Gravieren von Edelsteinen. Das Besondere am Dreamspeaker - einem Medzinmann und Mittler zwischen den Welten - ist, dass er aus einem in Kanada sehr bekannten Buch entnommen ist, das eine gute Freundin geschrieben hat und Chris als Vorlage diente.
Danach ließ ihn das Gravieren nicht mehr los und so landete er in Idar-Oberstein, wo er in Alfred Zimmermann einen großartigen Lehrer fand, der ihn unterstützte und inspirierte. Alfred Zimmermann war (und ist noch) bekannt als Graveur von Tierobjekten und Chris teilte schnell diese Leidenschaft. Er schaffte es in recht kurzer Zeit, sich immer weiter zu verbessern und mit viel Liebe zum Detail, aber auch großem Talent, wundervolle Kunstwerke aus der Tierwelt zu erschaffen. “Sympathische” Tiere liegen ihm am Herzen, besonders Vögel - Eulen, ein Falke, eine Pinguin Mama mit Baby, aber auch ein springendes Wiesel, ein Robbenbaby oder ein Eisbär auf einem Eisblock liegend… alles Objekte, die viel Detailtreue und Zeit benötigten, um perfekt für ihren Erschaffer und den Betrachter zu sein.
Wir haben Chris noch ein paar persönliche Fragen gestellt, um ihn und seine Kunst näher zu beleuchten:
Wie würdest Du Deine Arbeit mit einem Wort beschreiben?
Love - Liebe - ich sitze lange an meinen Objekten und mache das für mein Herz… und es ist Live/Living - Leben - ich bringe Leben in den Stein, das ist meine eigentliche Intension bei meiner Arbeit. Schaut Euch den Marlin an - das ist kein Stein, das ist Bewegung, die Form, die ich dem Stein gebe ist nicht steif, geradeaus, sie spielt mit der Farbe, mit dem Licht, er schwimmt…
Auf was kannst Du in Deiner Werkstatt auf keinen Fall verzichten?
Musik - sie ist Teil meiner Arbeit, sie unterstützt meine Stimmung. Bei Detailarbeiten brauche ich ruhige Musik, vielleicht Klassik, Cat Stevens. Bei bißchen “langweiliger” Arbeit brauche ich mehr Power, die mich motiviert und voran treibt, dann geht das besser. Außerdem ist die Arbeit am Stein auch laut, dann habe ich Kopfhörer auf und es hämmert nicht so im Kopf.
Was ist “Heimat” für Dich?
Das ist natürlich Kanada… meine Eltern, meine Brüder, mein Haus… dort ist immer mein Herz. Und meine zweite Heimat ist Idar-Oberstein, dort habe ich meine Katzen, meine Werkstatt, Freunde - hier lebe ich jetzt mein Leben.
Und was ist das Besondere an Idar-Oberstein und der Region?
Ich mag die Ruhe im Hunsrück außerhalb der Stadt, die Natur und Spaziergänge. Jeden Tag mache ich nach Feierabend einen Spaziergang mit Ronja und Pearl, meinen Katzen, dann entspanne ich. Das verbindet mich hier auch mit Kanada - dort ist die Natur und das Meer das was ich für mein Herz, für meinen Kopf und auch für meine Kreativität brauche.
Und zum Schluss noch ein paar Worte zu Chris’ wunderschönem absoluten Herzensobjekt, das ebenfalls im Deutschen Edelsteinmuseum zu bewundern ist - seine Katze Spartacus. Sie war Chris Seelentier und scheint in diesem Objekt aus Quarz weiter zu leben. Schaut man in ihre Augen (blauer Turmalin) und auf die Details ihres Fells, erkennt man besonders gut, was er meint, wenn er sagt, er gibt dem Stein ein Leben.
Schau mal im Edelsteinmuseum vorbei - es lohnt sich absolut, auch weil Du dort den Arbeiten von jemandem begegnest, der der 71. von 111 Gründen ist, Kanada zu lieben
:)
(lt. Annegret Heinold in ihrem Buch “111 Gründe, Kanada zu lieben”)